EX-Studentin – Interview mit Jennifer Rößner

Im Oktober 2015 hat Jenny ihren Finanzblog “exstudentin” ins Leben gerufen. ​Seither überzeugt sie ​monatlich mehr als 6.000 Leserinnen und Leser mit abwechslungsreichen Themen aus der Welt der Finanzen, ​Lifestyle, Lebenseinstellung und Altersvorsorge.

Jenny gehört zu einer der wenigen Frauen im Finanzblogbusiness und hat 2017 nicht nur ein Lesertreffen in Stuttgart​ organisiert, sondern auch bei einem Fernsehauftritt im SWR ganz klar Stellung bezogen. ​Nach dem Lesen dieses Interviews mit Jennifer Rößner aka “exstudentin” wirst Du ganz bestimmt zum loyalen Leser ihres Blogs.

Inhaltsverzeichnis

​Jenny, es freut mich wirklich sehr, dass Du Dir die Zeit ​für dieses Interview ​nimmst. Bitte erzähle mir zu Beginn etwas mehr über Dich​.

Hallo Alexander, ich komme vom Land und bin vor 7 Jahren in die Region Stuttgart gezogen, um dort dual Maschinenbau zu studieren.

Seit 4 Jahren wohne ich mit meinem Freund zusammen​ und arbeite als Ingenieurin im Anlagenbau. In einer BWL-Vorlesung erzählte ein Dozent von einer Sache namens „ETF“, weswegen ich nach meinem Studium den Begriff in Google eingab.

Seitdem tummle ich mich in der Finanzwelt rum.

Jennifer Röessner | exstudentin

Wann und aus welchem Grund hast Du Deinen Blog ins Leben gerufen?

​Jennifer Rößner: Meinen Blog gibt es seit Oktober 2015. Ich habe damals wie heute gerne auf anderen Blogs kommentiert. Irgendwann wurden meine Kommentare so lang, dass ich einen eigenen gegründet habe. Nun schreibe ich über Themen, die mich gerade bewegen und genieße dadurch mehr Narrenfreiheit.

Welche Ziele verfolgst Du mit Deinem Blog?

​​Jennifer Rößner: Ich lerne bei jedem Artikel was dazu, weil meine Leser mehr wissen als ich. Ich liefere die Recherchen, um mir eine eigene Meinung bilden zu können und lasse mich gerne durch andere korrigieren, die eigene Erfahrung mitbringen. Zudem ist das Schreiben ein guter Ausgleich neben meinem Beruf und mein Freund freut sich, dass ich ihn nicht mehr so zuquatsche.

exstudentin - Website

Bist Du hauptberufliche​ Bloggerin?

​​Jennifer Rößner: Ich verdiene mit meinem Blog kein Geld. Irgendwann mal geplant, aber bisher war ich zu faul, mich damit richtig auseinander zu setzen.

Wie oft veröffentlichst Du neue Beiträge in Deinem Finanzblog und was sind Deine Lieblingsthemen?

​​Jennifer Rößner: Ich veröffentliche etwa alle 2 Wochen einen Artikel. Ich beschäftige mich vor allem mit Alltagsthemen (Ehe, Rente, Sparen) und Themen, die ich in die Kategorie „Lifestyle“ schiebe, weil es letztlich nicht unbedingt nur mit Finanzen zu tun hat. Ich mag es, wenn meine Artikel einen praktischen Nutzen haben und wenn es kein richtig oder falsch gibt. Jeder soll aus den vielen Optionen, die er hat, selbst den für ihn richtigen Weg wählen.

Wen möchtest Du mit Deinen Themen erreichen?

​​Jennifer Rößner: Jeden, der gerne was lernen möchte und auch gerne seine Erfahrung teilt. Ich finde es schön, dass ich eine recht durchmischte Leserschaft habe. Ich freue mich vor allem über lebenserfahrene Personen: Alte Börsenhasen, Eltern, Weltenbummler…  Man muss die Fehler anderer nicht unbedingt  wiederholen und kann sich durchaus auch ein paar gute Entscheidungen abgucken.

Wie viele Leute lesen regelmäßig Deinen Blog?

​​Jennifer Rößner: Ich habe etwa 200 Besucher am Tag.

Wie definierst Du für Dich finanzielle Unabhängigkeit?

​​Jennifer Rößner: Bis zum Lebensende von den passiven Einnahmen leben können, obwohl man sich auch ein wenig Luxus (Reisen, gutes Essen etc.) gönnt. Ich selbst predige eher den Begriff der finanziellen Sorglosigkeit: Sich bereits mit wenig Geld frei fühlen.

Die meisten Sorgen verschwinden bereits, wenn man 2 Jahresausgaben als Puffer hat. Kaputte Waschmaschine, Autoreparatur, ungeplante Elternschaft, Arbeitslosigkeit und Kurseinbrüche bereiten einem dann keine schlaflosen Nächte mehr und man kann sich entspannt für wichtige Entscheidungen genügend Zeit nehmen.

Nur selten haben es Privatpersonen geschafft, von Beginn an die richtigen Weichen bei der Geldanlage zu stellen. Gibt es einprägsame Ereignisse, die Dir bis heute in Erinnerung geblieben sind – sowohl positive als auch weniger positive?

​Jennifer Rößner: Mit 3 Kindern, einem Einkommen und gesundheitlichen Problemen hatten es meine Eltern nicht leicht. Ich hatte deswegen als Kind schnell eine Affinität zu Finanzen und sogar Zinsrechnung. Für mich war es klar, dass ich mal einen guten Job und keine finanziellen Probleme haben würde.

Ich hatte mit 10 Jahren 1000 DM auf dem Sparbuch, was mich damals sehr stolz machte. (Durch die Euro-Umstellung hatte ich dann leider nur noch 500€.)

Nach dem Studium träumte ich vom teuren Schwebetürenschrank und mein Freund meinte: „Unsere jetzigen Schränke sind doch noch gut!“ Im Nachhinein bin ich darüber sehr froh, weil ich seitdem meine Wünsche viel mehr überdenke und wir unsere alten Möbel aus der Studentenzeit dementsprechend auch noch haben.

Ich komme vom Gebirge, weswegen ich Fahrradfahren für Leistungssport hielt. Nun in der Stadt ist es für mich Hauptverkehrsmittel und ich mache damit all meine Einkäufe.

Als ich eine Betriebliche Altersvorsorge abschließen wollte, legte mir der „Berater“ nach 45 Minuten einen Vertrag hin, den ich unterschreiben sollte. 400€ wären jeden Monat von meinem Gehalt abgegangen, mit entsprechend hohen Nebenkosten. Direkt danach habe ich meinen ETF-Sparplan gestartet, weil ich mir dachte: „Das bekomme ich auch selbst hin.“

Wie definierst Du Erfolg und was bedeutet Erfolg für Dich?

​​Jennifer Rößner: Erfolg hat für mich ein wenig mit Ansehen von Außenstehenden zu tun. Erfolg ist es für mich, wenn andere sich das gleiche wünschen wie man selbst erreicht hat, z.B. eine vielversprechende Beförderung  oder die gut laufende Selbstständigkeit. Abzugrenzen ist davon der persönliche Erfolg: Wenn ich etwas erreicht habe, was ich mir vorgenommen oder noch vorher noch nie geschafft habe (z.B. mit wenigen Zügen in eine kleine Parklücke kommen).

Was macht Deinen Finanzblog ganz besonders lesenswert?

​​Jennifer Rößner: Ich denke nicht nur schwarz-weiß, sondern lasse Spielraum für verschiedene Sichtweisen. Ich bemühe mich, Kommentare sehr schnell freizuschalten, sodass dort bisher tolle Meinungsaustäusche stattfinden.

Was macht Deinen Blog zu etwas ganz Besonderem?

​​Jennifer Rößner: Da ich viele persönliche Ansichten teile, kann es den Blog so nicht noch mal geben.

Was war Deine bislang beste Investition?

​​Jennifer Rößner: Mein Studium, weil sich mir dadurch viele Türen geöffnet haben.

Hast Du Dich am Finanzmarkt schon einmal so richtig verzockt? Weißt Du noch was die Gründe dafür waren und was hast Du daraus gelernt?

​​Jennifer Rößner: Meine Arbeitgeberaktien laufen nicht so doll. Die habe ich aus purer Romantik gekauft. Ansonsten kennt mein Depot nur die Richtung nach oben.

Wird das Finanzsystem wie wir es heute kennen, auch in 10 Jahren noch existieren?

​​Jennifer Rößner: Jop.

Sind Kryptowährungen nur eine Modeerscheinung oder eine tragfähige Alternative für die Zukunft?

​​Jennifer Rößner: Ich glaube, dass man mit Kryptowährungen reich werden kann, halte das System selbst aber für ein Schneeballsystem.  Eine Währung kann nur funktionieren, wenn sie von allen akzeptiert wird. Durchaus als alternatives Zahlsystem denkbar, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es von 8 Milliarden Menschen genutzt wird. Weder meine Oma, meine Eltern noch ich werden in den nächsten Jahren damit unsere Einkäufe zahlen.

Wenn Du all Deine bisherigen Erfahrungen auf den Punkt bringen müsstest, was würdest Du sagen, sind die 3 wichtigsten Dinge rund um das Thema Geld?

​​Jennifer Rößner:

  1. Gib nicht mehr Geld aus als du hast.
  2. Erhöhe dein Einkommen.
  3. Ein großes Finanzpolster sorgt für ruhige Nächte.

Welche 3 Personen haben Dein Leben wesentlich geprägt und warum?

​​Jennifer Rößner: In erster Linie meine Eltern. Als Kind bekam ich beigebracht: Sparen ist wichtig, weil man für fast alles im Leben nun mal Geld braucht und man es ohne Geld im Leben schwer hat. Durchs Internet habe ich es leichter als meine Eltern. Ich kann mich mit Gleichgesinnten austauschen, um große Geldverluste zu vermeiden, effektiver sparen und das Geld investieren. Mein Freund prägt mich automatisch, da wir zusammen leben.

Welche 3 Bücher kannst Du empfehlen und warum?

​​Jennifer Rößner: Ich habe bisher nicht viele Finanzbücher gelesen, weswegen ich am meisten vom Wertpapier-Forum gelernt habe. Rauer Umgangston, aber es wird meistens auf hohem Niveau diskutiert. Mein erstes Fachbuch war „Reicher als die Geissens“, was mir im Nachhinein mehr geholfen hat als erwartet und mich dazu motiviert hat, weitere Bücher zu lesen. Inspirierend finde ich das Buch „Finanzielle Freiheit – wie Menschen leben, die nicht mehr arbeiten müssen.“ Tolle Praxis-Beispiele.

Welche 3 Dinge sollten Privatanleger Deiner Meinung nach unbedingt beachten?

​​Jennifer Rößner:

  1. Sparrate ist zu Beginn wichtiger als die Rendite
  2. Mach dein eigenes Ding.
  3. Sorge für ein großes Finanzpolster.

Welche 3 Dinge sollten Privatanleger Deiner Meinung nach unbedingt vermeiden?

​​Jennifer Rößner:

  1. Teure Nebenkosten (z.B. bei aktiven Fonds)
  2. geringe Diversifikation
  3. anderen zu sehr nacheifern

Wie definierst Du Reichtum?

​​Jennifer Rößner: Finanzieller Reichtum bedeutet für mich, mehr Geld zu haben als man ausgeben kann. Ich könnte mir z.B. eine Villa kaufen und ein schickes Auto in die Garage stellen und hätte trotzdem noch genug zum Leben.

Verdirbt Geld Deiner Meinung nach den Charakter?

​​Jennifer Rößner: Die Gier nach Geld ja. Manchen ist z.B. ihre Karriere oder auch ihr Sparwahn wichtiger als die Familie und Freunde. Oder man empfiehlt irgendwelche dubiosen Produkte, weil man daran Provision verdient, weswegen Leute so viele unnütze Verträge aufgeschwatzt bekommen. Viele macht das Besitzen von Geld aber auch besser: Sie sind dankbar dafür und lassen andere an ihren Erfolg teilhaben, z.B. durch Spenden, Bücher oder Ehrenämter.

Wenn Du Geld für einen guten Zweck spenden würdest, an wen würdest Du es spenden und warum?

​​Jennifer Rößner: Ich spende bisher nur für wikipedia, weil ich ein großer Fan von Bildung übers Internet bin. Ebenso liebäugele ich mit einer Patenschaft des SOS-Kinderdorfes. Kinder sollten behütet zu selbstständigen Erwachsenen heranwachsen dürfen.

Die Digitalisierung geht derzeit in großen Schritten voran. Wie wird diese Deiner Meinung nach unser Finanzsystem beeinflussen?

​​Jennifer Rößner: Weniger Bargeld, mehr Karte oder Zahlung per Handy oder Google-Konto & PayPal.

Gibt es eine Lebensweisheit nach der Du Dein Leben gestaltest?

​​Jennifer Rößner: Ich habe unendlich viele. Für mich eines der wichtigsten: Leb dein eigenes Leben und nicht das Leben anderer.

Was ist der meistgelesene Beitrag in Deinem Blog und was macht diesen bei Deinen Lesern so beliebt?

​​Jennifer Rößner: Mein Artikel „Meine ETF-Sparpläne kosten bald was – Was nun? Teil 1 und Teil 2“ ging ziemlich durch die Decke, da viele Broker dieses Jahr ihre Aktionen zum kostenlosen Sparen beenden.

Das war das Interview mit ​Jennifer Rößner, der Gründerin des Finanzblogs https://exstudentin.de​​​​Meiner Meinung kann man Jennys Blog nicht mit weniger als 5 Sternen bewerten. Jenny, weiter so!

5 Gedanken zu „EX-Studentin – Interview mit Jennifer Rößner“

  1. Lese immer wieder gerne Beiträge von Jenny. Sind immer mal was anderes. Auch ihr Ausflug in die Talkshow-Szene ist seh- und lesenswert. Es gibt leider zu wenige aus ‘ihrer Generation’, die sich zu dem Thema Gedanken machen und die in so einer Situation das Thema ‘Die Rente als Schneeballsystem’ auch mal so ansprechen, wie sie es getan hat.

    Einziger Kritikpunkt am Interview mit dir: Es gibt so viele gute Bücher. Warum empfielt sie ausgerechnet „Reicher als die Geissens“ 🙂

    • Ja, das ist wahr. Das Rentensystem wird auf Dauer nicht so bestehen können. Wir alle sind mehr als jeh zuvor gefragt, wenn es daraum geht, sich selbst abzusichern. Darum ist es auch wichtig, dass ich die Finanzbloggerszene nicht unterbuttern lässt und fleißig Aufklärung betreibt und eigene Sichtweisen darstellt.

      Ich würde mich freuen, auch Dich als Interviewpartner gewinnen zu können und freue mich schon auf Deine Buchempfehlungen 🙂

    • Hi EasyWisa,
      ich bin nicht so der Finanzbuch-Leser. Stattdessen lese ich nun mehr zum Thema Persönlichkeitsentwicklung. Früher war ich zu geizig, um mir Fachbücher zu kaufen und mit RADG fing es an. Das Reicher als die Geissens-Buch ist sicherlich nicht der hellste Stern am Himmel, aber die bildliche Beschreibung der Situationen hat mir sehr geholfen. Z.B. zwinge ich mich beruflich nun immer wieder zum Automatisieren von Prozessen. Scheitern ist nicht schlimm, sofern man immer näher am Ziel scheitert. Immer den Kittelbrennfaktor deines Gegenübers kennen, um so im Sinne von Pareto mit wenig Aufwand viel Erfolg zu haben. Banale Empfehlungen, aber einprägsam. Kommer, Kostolany, Kiyosaki, Ferris… habe ich bisher alle nicht gelesen. Stattdessen hätte ich auch von Malik “Führen Leisten Leben” oder “Immer aufgeräumt – auch digital” von Jürgen Kurz empfehlen können, aber das erschien mir für die Finanzcommunity zu unpassend.

      Liebe Grüße
      Jenny

  2. Bin mir nicht sicher, dass die Aussage “Eine Währung kann nur funktionieren, wenn sie von allen akzeptiert wird”, standhält. Immerhin sind viele Kryptowährungen weitgehend anerkannt. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie Bitcoin in Japan offiziell anerkannt und in zahlreichen Läden kann man weltweit mit Bitcoin bezahlen. Demgegenüber gibt es Währungen, die zwar offiziell anerkannt sind, de facto werden aber kaum benutzt… siehe zahlreiche südamerikanische Bananenrepubliken, oder Ex-Jugoslawien im Balkankrieg, bzw. Albanien, wo – zumindest für ein paar Jahren – USD und DM die de facto Währungen waren.

    • Hi Gregor, mir geht es auch darum: Wie oft werden mit der Währung Sachgüter gekauft und wie viele Leute nutzen die Währung? Wenn ich z.B. ein Fahrrad zu verkaufen hätte, würde ich vorrangig Euro akzeptieren. Eine Cryptowährung wäre für mich umständlicher bzw. ich wüsste gar nicht, wie das geht. Um mit der Cryptowährung was anderes zu kaufen, wären für mich einige Zwischensteps notwendig. Durch die starke Volatilität würde ich zudem einen ordentlichen Aufpreis verlangen. Bei irgendwelchen afrikanischen Währungen analog.

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