Hamsterradblog: Interview mit Christian Bauduin
Christian, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für das Interview nimmst. Bitte erzähle uns zu Beginn etwas mehr über Dich.
Hallo Alexander und danke für das Interview! Ich bin 34 Jahre alt und wohne in Hürth, bei Köln. Ich arbeite bei einem großen DAX Konzern als Elektroingenieur, verreise privat gerne und liebe guten Wein. Ich habe 2009 angefangen, Geld an der Börse zu investieren, obwohl die Stimmung damals enorm negativ war und mir davon abgeraten wurde.
Die Krise war damals in den letzten Zügen, trotzdem verloren viele meiner Aktien noch mehr als 50%.
Damals wusste ich noch nicht genau, was ich machen soll und ich habe mehr oder weniger planlos Aktien ge- und verkauft.
Ich habe diese Erfahrung zum Anlass genommen, mich intensiv mit dem Thema Börse zu beschäftigen, um beim nächsten Mal besser vorbereitet zu sein.
Heute investiere ich mein Geld nach strengen Value Investing Kriterien und kaufe nur Aktien, wenn das Geschäftsmodell fundamental attraktiv ist und die Aktien angemessen bewertet sind. Dabei ist mir Qualität im Geschäftsmodell wichtiger, als die Bewertung der Aktien.
Wann und aus welchem Grund hast Du Deinen Finanzblog ins Leben gerufen und welche persönlichen Ziele verfolgst Du mit Deinem Blog?
Ich habe meinen Hamsterradblog damals gegründet, um mich mit Menschen auszutauschen und meine Erfahrungen mit anderen zu teilen. Ich bin der Meinung, dass man selbst am meisten dazu lernt, indem man anderen Menschen Informationen gibt und sich mit Gleichgesinnten austauscht.
Damals habe ich einfach blind drauf los geschrieben und war überrascht, wie schnell sich der Blog verselbstständigt hat.
Ich habe über den Blog viele tolle Menschen kennengelernt und konnte an tollen Veranstaltungen, wie der Finanz-Blogger Konferenz oder den DividendenAdel-Awards, teilnehmen. Mein Ziel war zunächst, dass ich möglichst viele Menschen erreiche, selbst viel dazuzulernen und die Kosten für den Blog wieder rein zu holen.
Was ist der meistgelesene Beitrag in Deinem Blog und was macht diesen bei Deinen Lesern so beliebt?
Als Value Investor lese ich viele Geschäftsabschlüsse, um mir ein Bild über die fundamentale Lage von Unternehmen zu machen. Viele Aktien können gar nicht steigen, weil das Geschäftsmodell der Firmen keine langfristigen Wertsteigerungen zulässt.
Häufig werden die Gewinne eines Unternehmens durch hohe Reinvestitionen vollständig aufgefressen. Ein gutes Beispiel hierfür sind viele Automobilbauer, deren Kapitalkosten höher sind, als die erzielten Cashflows (Geldzuflüsse).
Ich habe eine Artikelserie über das Lesen von Geschäftsabschlüssen geschrieben, wo ich die wichtigsten Kriterien besprechen wollte. Der Beitrag zum Thema Bilanz lesen ist der mit Abstand beliebteste Beitrag auf meiner Seite.
Als ich die Artikelserie geschrieben habe, habe ich gemerkt, dass viele Menschen gerne mehr darüber erfahren möchten. Ich habe mich deshalb entschlossen, eine eigene Seite über die Themen Value Investing und die Aktienanalyse zu erstellen (Value-Akademie.com). Darüber hinaus gibt es ein Musterdepot und Videos.
Erzähle uns bitte etwas mehr über Deine Value-Akademie
Auf dieser Seite möchte ich tiefe Einblicke in die Börsen-Strategie geben, die meine Geldanlage revolutioniert hat. Ich habe viele Strategien ausprobiert (auch Trading). Dabei hatte ich immer das Gefühl, dass die Börse einem Glücksspiel ähnelt. Mal liefen meine Aktien gut, manchmal nicht.
Erst mit dem Value Investing konnte ich den Faktor Glück auf ein Minimum reduzieren und endlich zuverlässige Ergebnisse erzielen. Leider findet man im deutschsprachigen Raum kaum fundierte Informationen über richtiges Value Investing.
Viele Menschen denken, dass Value Investoren nur sehr günstige und „langweilige“ Aktien mit hohen Dividendenrenditen kaufen.
Das ist nicht ganz korrekt. Moderne Value Investoren kaufen Aktien so, wie Immobilien-Investoren Häuser kaufen. Sie denken langfristig, machen sich Gedanken über die zukünftige Entwicklung eines Unternehmens und analysieren die Bilanz nach versteckten Risiken und Chancen.
Wir schlagen nur zu, wenn das langfristige Verlustrisiko nahezu ausgeschlossen ist und sich trotzdem attraktive Chancen bieten.
Diese Strategie hat heute nichts mehr mit primitiven Bewertungskennzahlen, wie der Dividendenrendite oder dem Kurs-Gewinn-Verhältnis, zu tun. Das sagt sogar Warren Buffett.
Ich habe mein Wissen aus unzähligen amerikanischen Büchern, Podcasts, Videos und Vorträgen erhalten und kenne aus der Praxis viele große Fallstricke.
Neben Inhalten zum Value Investing erstelle ich regelmäßig umfangreiche Analysen zu Einzeltiteln und biete zahlreiche selbsterstellte Tools zum Download an.
Finanzielle Unabhängigkeit und Investitionen
Welche Tools nutzt Du, um Deine potentiellen Investitionen zu analysieren und letztendlich zu tätigen?
Ich nutze diverse Tools, um mir die Arbeit zu vereinfachen und Zeit zu sparen. Die besten Finanzseiten dafür sind meiner Meinung nach Gurufocus.com und Morningstar.com.
Hier findet man die wichtigsten Informationen und Fundamentaldaten, die es auf deutschen Finanzseiten leider so nicht gibt.
Die Daten werte ich auf GoogleDrive-Basis aus (ähnlich zu Excel). Dazu habe ich mir ein umfangreiches Tool gebaut, dass die Daten visuell und numerisch auswertet und mir einen schnellen Überblick über die wichtigsten Fundamentaldaten gibt.
Danach entscheide ich darüber, ob ich mir das Unternehmen genauer anschauen möchte oder nicht. Zudem finde ich Aktien-Screener recht hilfreich. Hier kann man immer wieder die eine oder andere Aktienperle finden.
Christian`s Top 3
Welche 3 Dinge sollten Privatanleger Deiner Meinung nach unbedingt machen?
Wenn ich drei Dinge benennen müsste, dann wären das:
- Wählerisch sein: Die Zahlen eines Unternehmens zeigen Schwarz-auf-Weiß, ob Geschäftsmodelle langfristig wertschöpfend sind oder nicht. Wer nur wertschöpfende Unternehmen kauft, erzielt langfristig eine sichere und ordentliche Rendite und muss sich weniger Sorgen über sein Geld machen. Deshalb konzentriere ich mich primär auf diese Unternehmen.
- Geduldig sein: Wir erhalten heute so viele Nachrichten, die uns permanent zum Handeln auffordern. Die größten Investoren der Welt glänzen in der Regel mit Passivität. Hierdurch unterscheiden sie sich von dem meisten Privatanlegern und Fondsmanagern. Ich bin zufrieden, wenn ich 1-2 großartige Chancen im Jahr finde. Ist dies nicht der Fall, dann spare ich Geld und warte einfach ab.
- Den Profis folgen: Die größten Investoren erzielen bereits seit Jahrzehnten überdurchschnittliche Renditen. Über die sogenannten 13-F-Filings müssen sie alle 3 Monate ihre Käufe- und Verkäufe veröffentlichen. Man sollte nicht blind alles nachkaufen, aber man kann diese Informationen nutzen, um auf tolle Chancen aufmerksam zu werden.
Das war das Interview mit Christian Bauduin, Gründer der Website www.hamsterradblog.com Ein wirklich toller Finanzblog, der 5/5 Sterne locker verdient hat!